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4. Juli 2023 - Wasser marsch!

Uli Matthias • Juli 04, 2023

„Wasser marsch!“

„Wer sich kennenlernt, lernt sich auch verstehen“.
Mit diesem hoffnungsfrohen Satz gelangte Peter Wefer zum Ende seiner Rede und brachte damit wieder einmal alles auf den Punkt. Eben all die guten Wünsche und Motive, die Politik, Kunst und Sozialarbeit mit dem Projekt „panta rhei: stadt im fluss“ verbinden. Ja, der Peter. Wer einmal das Glück hatte, ihn kennenzulernen, der versteht ihn auch.

Diesen Rahmen skizzierte gleich zu Beginn die Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf mit der Frage: „Wie wollen wir leben in dieser Stadt?“ Die Antwort darauf müsse immer wieder neu ausgehandelt, neu gegeben werden. Denn das Leben in der Stadt ist im Fluss. Panta rhei – alles fließt. Und was sei besser geeignet als die Kunst, um miteinander ins Reden, ins Diskutieren, aber auch ins Streiten zu kommen, um diese Aushandlungen zu initiieren, gab die Dezernentin den Zuhörern zu bedenken. Es war eine rhetorische Frage.

Einen kleinen Vorgriff auf die Zukunft erlaubte sich dann Kirsten Klehn von den Stadtentwicklern Plan2, indem sie die Potentiale dieses innerstädtischen Kleinods anschaulich machte, Potentiale, die heute noch weitgehend brachliegen.

Aber Entwicklung bedeutet nicht für alle das Gleiche. Verschönerungen, wie sie für den Weißekreuzplatz und auch die anderen beiden der sogenannten „bahnhofsnahen Plätze“ geplant sind, führten ja oft zur Vertreibung derer, die ohnehin keinen Platz hätten, mahnte Ulla Neubacher, Kunsttherapeutin bei der Diakonie. Doch auch Obdachlose lebten in dieser Stadt und hätten ein Recht auf Stadt und deshalb wolle sie im Zuge von Workshops mit Wohnungslosen auch deren Vorstellungen zum innerstädtischen Leben in das Projekt und damit in die Diskussion einbringen. Hier auf dem Weißekreuzplatz. Panta rhei, alles fließt.


Wie das gelingen kann, deutete zum Schluss die Künstlerin Kerstin Schulz an, die Projektleiterin und -Initiatorin, die erst im letzten Jahr mit dem Projekt Ob(D)Acht auf dem Georgsplatz für Aufsehen sorgte. Und zwar mit den Mitteln der Schwarmkunst. Deren Ziel ist es ohnehin, alle zu beteiligen, zu einem gemeinsamen Wirken zu bringen, auch (frei nach Heraklit) Auseinanderstrebendes zu verbinden. Je mehr Schwärmer sich zum gemeinsamen Kunstschaffen finden, desto schöner werde das (Schwarm-) Kunstwerk sagte Schulz.

So wie die Schwarmkunst könnte auch die Stadt von einer breiten Beteiligung profitieren. Doch hier liegen ebenfalls noch Potentiale brach, bleiben doch viele Menschen vom städtischen Dialog ausgeschlossen, werden sogar aus dem öffentlichen Raum vertrieben. Davon konnte Peter Wefer aus eigener Erfahrung berichten, aus der dunklen Zeit seiner Obdachlosigkeit. Doch dieser öffentliche Raum gehöre schließlich allen, mahnte er und machte als ein maßgebliches Übel den Alkohol aus.

An dieser Stelle schaute denn doch so mancher Zuhörer am Rande des Platzes etwas verschämt über sein Wein- oder Bierglas. Aber dann sagte Peter ja diesen Satz: „Wer sich kennenlernt, lernt sich auch verstehen“. So ging man es denn auch an und kam ins Gespräch. Und so soll es auch weitergehen in den nächsten zwei Monaten, jeden Dienstag, Donnerstag, Freitag und Samstag, immer von 16 bis 20 Uhr auf dem Weißekreuzplatz, beim gemeinsamen Knüpfen von (Schlauch-) Verbindungen.

Und dann hieß es „Wasser marsch!“.


von Cordula Paul 28 Aug., 2023
von Uli Matthias 28 Aug., 2023
Am Freitag hieß es Abschied nehmen; panta rhei: stadt im fluss ist Geschichte. Wie ein Strom, der im Augenblick seiner größten Entfaltung - sobald er das Meer erreicht - schon aufhört zu existieren, so endet auch dieses Schwarmkunstprojekt wie alle vorherigen auf seinem Höhepunkt. Alles wandelt sich, nichts bleibt, wie es war. Aber wie ein Fluss, als solcher jenseits seiner Mündung verschwindend, dennoch seine Fracht weiterträgt und ins Allgemeine des Ozeans einspeist, hoffen auch die Schwärmer, darauf wies Lars Adolph in seinem Rückblick auf die vergangenen zwei Monate hin, dass etwas weitergetragen wird, von dem Projekt: Die Freude, die Gespräche, das Miteinander ganz unterschiedlicher Menschen.
von Uli Matthias 19 Aug., 2023
Am Donnerstag war auch die Polizei vor Ort und zwar im Einsatz für die Kunst. Man habe schon früh Interesse gezeigt, sich hier einzubringen, erklärt der uniformierte Schwarmkünstler Gordon von der Polizeiinspektion Welfenplatz, und heute sei es eben soweit. Seine mitschwärmenden Kollegen und Kolleginnen kommen vom gleichen Revier, auch wenn Revier ein veralteter Begriff sei, wie der Blogger aus berufenem Munde erfährt. Es ist ein freiwilliger Einsatz, darauf legen sie Wert. Der Weißekreuzplatz gehöre schließlich zum Gebiet ihrer Inspektion. „Es war uns wichtig, im Stadtteil Präsenz zu zeigen und mit den Leuten hier ins Gespräch zu kommen“, sagt Gordon, „auch mit denen, die uns vielleicht sonst eher skeptisch betrachten“. Deshalb war der Wochentag auch nicht ganz zufällig gewählt, denn der Donnerstag hat sich als Workshop-Termin für die Wohnungslosenhilfe der Diakonie etabliert. Deren Klientel sucht normalerweise nicht unbedingt die Nähe zur Polizei, eine gute Gelegenheit also, um Vorbehalte und Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen, wie auch die Sozialarbeiterin Julia bestätigte. Im Rahmen der Kunst funktionierte die Annäherung auf jeden Fall schon einmal sehr gut und Arthur, der nicht zum ersten Mal dabei ist, lobte den Einsatz der Polizisten und Polizistinnen. Aber auch die „Randgruppe“ vom Weißkreuzplatz, deren Angehörige auf den Bänken am Platzrand gern ihr Feierabendbier trinken, kannte keine Berührungsängste, wie auch die Bilder zeigen.
von Cordula und Ilse Paul 17 Aug., 2023
Stereo-Picknick und mehr....
von Uli Matthias 11 Aug., 2023
Es gibt diese Tage, da erinnert selbst die Schwarmkunst mitunter an einen Betriebsausflug. Ein Drittel des zweiten Monats ist jetzt vollendet und viele der neuen Schwärmer kommen immer wieder, sind schon längst gute Bekannte geworden. Und wenn dann noch alte Schwärmer aus dem letzten Jahr hinzustoßen, gibt es viel zu erzählen, werden Erinnerungen und Erlebtes ausgetauscht oder Pläne vorgestellt.
von Kerstin Schulz 08 Aug., 2023
Die Konkurrenz war denn doch zu stark: Kurz nachdem es am Samstag bei panta rhei hieß: „Wasser marsch!“ öffnete auch der Himmel seine Schleusen: Wasser marsch! Zuvor immerhin konnte Martina die neue „Waschstraße“ noch einweihen, die sie sich gewünscht hatte. Mit sichtlichem Spaß, wie die Bilder zeigen.
von Uli Matthias 02 Aug., 2023
Das Gute an der Schwarmkunst ist ja (neben vielen anderen Vorzügen, die wir bei Gelegenheit hier einflechten werden) die Voraussetzungslosigkeit. Um Schwarmkünstler oder -in zu werden, muss man keine besonderen Fähigkeiten haben, man muss sich auch nicht vorbereiten; Schwärmen kann man gewissermaßen bei Gelegenheit. Eine solche Gelegenheit nutzte Kathrin, eine Künstlerin (Plastiken, Zeichnen und Fotografie) wie die Kerstin, man kennt sich und irgendwann wollte sie einmal vorbeikommen. Aber heute bot sich gerade die Gelegenheit, ganz in der Nähe war sie verabredet und danach schaute sie dann gleich mal herein und griff zum Schlauch. Den Schlauch am Wickel hatte auch Indi (hinten nur mit i). Am Donnerstag erst rettete er den Aufbau des dritten Iglu-Pavillons, indem er half die letzte Skelettstange anzubringen. Bis dahin hatte er den Aufbau nur vom Rande aus beobachtet. Heute nutzte er die Gelegenheit, sich auch als Schwarmkünstler einzubringen, ein Spinnennetz wollte er ums Gestell bauen (er sei Spinne, sagt er und zeigt ein Spinnentattoo), aber Schlauch und Kabelbinder finden wenig Halt auf dem glatten Metall und dann ist da noch sein alter Kumpel aus Nürnberg gekommen.
von Kerstin Schulz 29 Juli, 2023
von Kerstin Schulz 02 Aug., 2023
von Uli Matthias 27 Juli, 2023
Alles fließt in der Stadt und der Weißekreuzplatz mit der Schwarmkunst liegt mitten im Flussbett, eine überraschende Untiefe, ein Entschleuniger. So mancher wird angetrieben, bleibt überrascht hängen, wird Schwarmkünstler oder -in durch Zufall. Andere steuern zielstrebig auf den Platz, werfen ihren Anker aus. So wie die Mitarbeiter*innen des städtischen Fachbereichs Soziales, Abteilung Gesellschaftliche Teilhabe. Dass dort die Zusammenarbeit tatsächlich noch funktioniert, wird schnell augenfällig. Gemeinsam beschlauchen sie die erste Wand der "Waschstraße", die bald für ein feuchtfröhliches Highlight sorgen wird. So bleibt alles im Fluss. Panta rhei: stadt im fluss ist auch ein großer bunter Spielplatz und bietet Kindern den Raum, ein Stück Welt zu erkunden, kreativ zu werden oder einfach im Wasserspiel ab 18 Uhr das kühlende Nass zu genießen. Selbst bei kühleren Temperaturen wie an diesem Dienstag. Selbst wenn das Wasser auch von oben kommt. Eher zu den Gestrandeten zählt Hamsibamsi. Hamsibamsi sei hessisch und bezeichne einen, der es allen recht machen will. Sagt Hamibamsi. So wirkt er allerdings irgendwie nicht. Nicht wie einer, den die Meinungen anderer sonderlich kümmerten. Künstler sei er und komme aus Kassel. Von Kultur beleckt, irgendwie. Zu öffentlichen Räumen hat er so seine Ansicht:
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