20.12.24 Der erste Kontakt

Uli Matthias • 23. Dezember 2024

20.12.24 Der erste Kontakt

Wie wird unser erster Kontakt mit einer außerirdischen Zivilisation verlaufen? Viele Dichter und Denker haben sich mit dieser Frage beschäftigt und dabei vor allem Aufschlussreiches über uns selbst herausgefunden. Würden wir in der Lage sein, die wahren Intentionen von Außerirdischen zu erkennen, die womöglich nach komplett anderen Maßstäben kommunizieren, eine ganz andere Lebensform darstellen und über eine gänzlich andersartige Umwelt verfügen? Und wären wir so mutig, uns dieser Herausforderung zu stellen oder würde uns diese fremde Realität so verunsichern, dass wir jeden Kontakt verweigern?

Nun, um es vorauszuschicken, die Politik der Stadt Osterode und ihres Ortsteils Lerbach hat diesen Mut bewiesen und sich einer fremden Realität gestellt. Jedenfalls durch ihre Vertreter Jens Augat, Olivier Kutscher, Jörg Hüddersen, Wolfgang Schubert, Konstantin Müller und Frank Koch. Zugegeben, die Reise war nicht allzu weit, die freundliche Aufnahme von vornherein garantiert und Aliens hat auch niemand gesehen (nicht einmal Wildschweine). Aber doch haben die meisten einen Blick in eine fremde Realität gewagt.

Für den Osteroder Bürgermeister Jens Augat war es „total faszinierend“, die Virtuelle Welt des Bleistifthauses in Lerbach zu betreten: „Ich hätte noch Stunden darin weitermachen können“, bekannte er. Konnte er aber nicht, der Zeitplan vor der letzten Ratssitzung des Jahres war eng getaktet. Ohnehin ginge es ja bei dem Projekt auch um Größeres, betonte Augat, er hoffe, dass Besucher des Bleistifthauses auch den Weg nach Osterode hinein finden und sich die schöne Stadt anschauen, die in der Realität viel mehr zu bieten habe, als viele Osteroder manchmal selber glauben möchten.


Wolfgang Schubert, Stadtrat in Osterode, fand es „faszinierend, in eine andere Welt einzutauchen“. Er habe sich in der Virtuellen Realität „wohler gefühlt, als mit Blatt und Papier“. So weit mochte Olivier Kutscher, Ortsbürgermeister von Lerbach nicht gehen: „Wenn ich die Wahl hätte, würde ich lieber mit echten Bleistiften hantieren, als mit virtuellen“. Aber es müsse beides geben, sagt er, deshalb stehe er dem Projekt auch positiv gegenüber und hoffe, dass dadurch auch Lerbach bekannter werde.


Doch wie real war die Virtuelle Welt nun für ihre neuen Besucher? Jörg Hüddersen, der SPD-Ratsfraktionsvorsitzende von Osterode fühlte sich da zwiegespalten: „Realität ist für mich, was wir in unserem Kopf als Realität konstruieren“. Ein klarer Standpunkt, aber mit der VR-Brille auf dem Kopf war die Sache nicht mehr so eindeutig: „Für einen Teil im Kopf war die Virtuelle Realität nur das, was ich durch die Brille sehe, für einen anderen Teil war das auch real“.


Nun denken Politiker bei der Frage nach der Realität wohl auch selten an Außerirdische und fremde Welten, sondern eher an den Raum des Möglichen, den die Politik bestellen muss. Deshalb sei dieses Bleistifthaus hier auch ein Beispiel für „gelebte Kunst in der Realität“, sagte Kutscher, indem einem Haus in der zweiten Reihe des Ortes neues Leben eingehaucht werde und nun Leute, fernab von all den Schwierigkeiten in der realen Welt außerhalb, in den Harz kämen und hier tolle Sachen machen könnten.


Ach ja, die Welt außerhalb: Er hätte schon manchmal das Gefühl, bekannte Augat, dass uns die Realität in der Gesellschaft langsam abhanden komme. Viele redeten die Dinge schlechter als sie sind und immer weniger setzen sich mit der wirklichen Realität auseinander, mit den bestehenden Möglichkeiten etwa. „Inzwischen ist es doch so, dass bald jeder seine eigene Realität hat“, sagt Augat, auch das trage zur Spaltung der Gesellschaft bei.


Frank Koch, ehemaliger Ortsbürgermeister von Lerbach, der 35 Jahre lang dieses Amt bekleidet hatte, denkt bei Realität vor allem an die Veränderungen, die er in den letzten Jahrzehnten in Deutschland und in der Welt beobachtet hatte. Wenn einem die eigene Gegenwart immer fremder wird, bleibt sie dann für einen selbst noch genauso real wie die Vergangenheit, die einem heute vielleicht noch viel näher liegen würde? „Jetzt vor Weihnachten“, sagt Koch, „kommt die (alte) Realität zurück, da treffen sich die Familien, schmücken die Häuser, so wie es vor 100 Jahren auch war“.


Im neuen Jahr kommt Trump zurück. Und das fühlt sich nun tatsächlich irreal an.


von Fotos von Schwärmern 20. Oktober 2025
von Uli Matthias 17. Oktober 2025
Wie in jedem Harzort, der etwas auf sich hält, ist das alljährliche Osterfeuer natürlich auch in Lerbach traditionell ein wichtiges Ereignis. Neu ist dieses Jahr, dass es nun auch im Herbst ein Osterfeuer gibt, wenn auch nur symbolisch. Trotz des schlechtesten Wetters entsteht ein leuchtendes Symbol für Zusammenhalt und Durchhaltevermögen. "Seit 60 Jahren brennt hier nicht nur das Osterfeuer-sondern auch die Freude am gemeinsamen Schaffen", erzählt Alexander Koch. Alles aus Schläuchen, versteht sich, allerdings auf einem Gerüst aus Aluminiumstangen. Rund vier Meter hoch und weithin sichtbar. Fast wie ein echtes Osterfeuer. Nur jetzt als Kunst und wiederverwendbar, bringt es Lerbach auch zur dunklen Jahreszeit zum Leuchten.
von Uli Matthias 17. Oktober 2025
Der Harzclub packt an. Auch im Dauerregen. „Das ist bei uns kein Thema“, sagt Vorsitzender Frank Koch, „da ist jeder bei der Sache“. Und so rückten sie dann an, zu fünft am Pochwerk in Lerbach, dieser originalgetreuen Nachbildung, die auf die Geschichte des Bergbaus in Lerbach und überhaupt im Harz verweist. Auf solche Sehenswürdigkeiten aufmerksam zu machen, gehört ja inzwischen zu den vornehmsten Aufgabe der Harzclubs, wie Koch erzählt. Diesmal jedoch waren sie nicht im Dienste des Tourismus, sondern der Kunst unterwegs und haben das Freiluftmuseum mit Wasser- und Lichtschläuchen markant akzentuiert. Ganz schön nass seien sie dabei schon geworden, berichtet Koch, aber anschließend habe man noch zusammen gegessen und getrunken. Und das sei doch das wichtigste.
von Kerstin Schulz 16. Oktober 2025
von Kerstin Schulz 16. Oktober 2025

V.

von Uli Matthias 15. Oktober 2025
Auch die Volksbank im Harz eG hat es sich nicht nehmen lassen, eine Abordnung zu Lerbach leuchtet zu entsenden. Auf freiwilliger Basis versteht sich. Und so schufen Clarissa, Elke und Andrea mit Begeisterung ein V. wie Volksbank, wie das neue Volksbank-Jubiläums-Logo. Immerhin blickt die Harzer Genossenschaftsbank auf 200 Jahre Geschichte zurück, eine stolze Historie, die in Lerbach begann; dort wo sich heute das Fitnessstudio befindet, lag einst die Keimzelle und letzte Lerbacher Filiale der Volksbank im Harz eG. Und ebendort scheint jetzt auch das V. am Bach auf, ein V., das sich auch ein Herbert Stencil nicht leuchtender hätte wünschen können.
von Uli Matthias 15. Oktober 2025
Einen „Unort“ möchte Familie Reinhardt bei „Lerbach leuchtet“ bespielen, einen Ort, der meist unbeachtet ist, der aber einlädt zum Innehalten und zum Hinhören, um die Geräusche des Wassers wahrzunehmen. In Gestalt von Mutter Angelika, Tochter Anna und Sohn Nick haben sie mit Begeisterung die Geräusche und Bewegungen des Wassers mit in Kreisen verschlungenen Wasserschläuchen eingefangen und in Linie transformiert. Wasserschläuche, die aus der Skulptur wieder ins Wasser hineinragen, als ob das Wasser aus ihnen wieder herausflösse. „Rausch“, so müsste die Installation heißen, meinte Nick. Und Angelika berichtet von den unterschiedlichen Geräuschen, die das Wasser macht, je nachdem, wo und wann man sich am Bach in Lerbach befindet. „Mal hört man ihn gar nicht, weil er unterirdisch verläuft, mal gluckst, sprudelt oder plätschert er, mal strömt er, mal rauscht er gar“, berichtet die Kunstlehrerin. Mit diesen Geräuschen sei sie aufgewachsen und darauf habe sie auch ihre Kinder immer wieder aufmerksam gemacht. Die Kindheit sei kein Zeitraum, bemerkte Jacques Brel einmal, sondern ein Ort. Mitunter auch ein Ort, der gluckst und sprudelt und rauscht. Man muss nur hinhören.
von Uli Matthias 15. Oktober 2025
Licht und Wasser sind die Grundlage des Lebens. Die Eigenschaften von Wasser, das natürliche Fließverhalten von in Wasser gelöster Tusche und die damit verbundenen Spuren und Formen, bilden die Grundlage der Videoinstallation. Zeichentusche, im Wasser der Schwerkraft folgend, breitet sich aus, Bewegungsspuren werden sichtbar als Videoprojektion auf den bespielten Flächen im Kirchenraum. Eine Dynamik entsprechend den Gesetzmäßigkeiten der Natur, sei es in Organismen, in der Pflanzenwelt, bei mikro- und makrokosmischen Prozessen oder in Lebenskreisläufen, bei denen Bewegung, Energie und Wachstum den Prozess der Formgebung bestimmen. Die Betrachtenden stehen vor der Projektion oder bewegen sich innerhalb der projizierten Flächen und werden Teil der immersiven Installation, ähnlich einzelner Wassertropfen als Teil eines großen Ganzen. Anne Nissen, Steffen König
von Uli Matthias 15. Oktober 2025
Eine Hommage an das Schwarmkunstereignis 2023 auf dem Weißekreuzplatz in Hannover und zugleich eine Ode an das vergangene Werk, an das menschliche Miteinander und das Miteinander von ungleichen Materialien und Formen. Entstanden durch die Hände vieler, und doch durch den kreativen Akt eines Einzelnen geprägt. Bei Nacht verwandelt sich das Zelt, wenn die Umgebung in die Dunkelheit zurückgetreten ist. Es wird zum Leuchtturm der Farben, ein pulsierendes Spiel aus Licht und Bewegung. Lange, geschwungene Linien, wie der Lerbach selbst, tanzen von der Kuppel zum Boden und ergießen sich über die Wiese. Das Licht im Dunkeln wird zum kreativen Impuls, zum Anstoß, die eigene Vorstellungskraft zu beflügeln. Hier trifft man nicht nur auf Freunde, sondern vielleicht auch auf Fremde, die sich im Rahmen einer Schwarmkunstaktion miteinander verbinden und so zu neuen Verbindungen und gemeinsamer Kreativität finden. Dieses Werk ist ein lebendiges, sich ständig veränderndes Experiment, das den Dialog mit dem Publikum sucht und Platz für neue Ideen und Interpretationen lässt. Es lädt ein, Normen zu hinterfragen, umzudenken und das Unbekannte zu umarmen. Ein Ort der Begegnung – sowohl mit anderen als auch mit der eigenen Fantasie.
von Uli Matthias 8. Oktober 2025
Schnell wie die Feuerwehr! Diesen Workshop-Teilnehmern war das Arbeitsmaterial Schlauch keineswegs fremd. Mit Feuereifer hat die Jugendfeuerwehr Lerbach eine Skulptur erstellt, die sich passenderweise aus Rettungsringen zusammensetzt. Fünf große, schwarze Schläuche, umwickelt von bunten Schläuchen und durchzogen von transparenten Leuchtschläuchen bilden das Werk, zusammengehalten von Original Feuerwehrschläuchen. Ein eingespieltes Team war da zugange. „Einige erwachsene Aktive haben die Kinder und Jugendlichen unterstützt, aber die waren auch so engagiert dabei“, erzählt Ilka Grobecker, seit 17 Jahren Jugendwartin der Feuerwehr, der sie selbst seit 40 Jahren angehört. Man merkt gleich, die Feuerwehr Lerbach feiert nicht umsonst gerade ihr 150-jähriges Jubiläum, hier ist Beständigkeit Trumpf. Das gleiche Entstehungsjahr, also 1875, weist auch das Feuerwehrhaus auf, hinter dem die Skulptur im Schatten der Kaisereiche platziert wird. „Die Jugendlichen sind schon ganz gespannt auf den Start der Aktion ‚Lerbach leuchtet‘ und auf die anderen Beiträge“, sagt Grobecker. Der Blogger schließt sich da gern an.